Die Welt geht unter...... zumindest scheint es so. Als Schwesterchen am 10.03. hier in Punta Arenas gelandet ist, war nicht abzusehen, vielleicht aber zu ahnen, was so alles auf uns bzw. sie zukommen wird...
Wir sind am ersten Tag gemeinsam Richtung PN Torres del Paine aufgebrochen. Das Wetter stürmisch und regnerisch, Patagonien at its best. Die kommenden Tage hatten wir mit dem Wetter im Park Glück. So konnten wir ungetrübt vier Tage im völlig überteuerten Park verbringen. Aber über die absolute Verkommerzialisierung und Privatisierung der chilenischen Natur habe ich mich ja bereits ausgelassen... Viele kleinere Wanderungen, eine große Wanderung (die trotz Nebensaison einem Almauf- bzw. Almabtrieb glich), Pumasichtung, wahnsinnige Sonnenaufgänge, fantastische Farben, schöne Panoramen, beste Stellplätze usw. usf. Da der Toyota nur ein Bett hat, durfte hier natürlich meine Schwester schlafen. Ich habe mich mit all meinen Schlafsäcken und Thermowäsche ins Zelt verzogen. Das war alles andere als lustig. Mein alter Körper mochte das gar nicht. Verkrampftes episodenhaftes Schlafen, Kälte, am Zelt zerrender Wind. Respekt an all diejenigen, die fulltime mit dem Zelt unterwegs sind! Schon im Park hatten wir von anderen Touristen ein paar Informationen zur Lage bekommen. Als wir dann aber schließlich aus dem Park raus waren und in Puerto Natales wieder brauchbares Internet hatten, wurde deutlich, dass ab jetzt alles anders wird. Anjas Flüge zurück nach Europa waren alle storniert. Zahlreiche Neubuchungen wurden innerhalb weniger Stunden ebenfalls storniert. Also absolut unklar, ob sie so ohne Weiteres wieder zurück nach Hause kommt. Diese große dunkle Wolke schwebte über den letzten gemeinsamen Tagen. Wir haben versucht uns die Laune nicht verderben zu lassen und die Gegend südlich von Punta Arenas erkundet. Wenige Stunden vor ihrem Abflug war nur noch der Flug nach Santiago sicher. Alles Weitere weiterhin unklar. In Punta Arenas war mittlerweile bis auf Supermärkte alles geschlossen, die Straßen leer. Am Flughafen war alles voll mit verzweifelten Touristen. Jeder versucht irgendwie nach Hause zu kommen. Die angespannte Stimmung war allgegenwärtig. Eine ganz eigenartige Atmosphäre... Naja, um es kurz zu machen: Schwesterchen ist bereits wieder zu Hause und darf sich einer 14-tägigen Quarantäne ohne ihren Mann (ohne dessen Hilfe sie wohl noch in Santiago sitzen würde) im eigenen Haus erfreuen... Genieße diese Zeit!! #zwinkersmiley Tja, und nun zu mir. Ich stand allein am Flughafen und fühlte mich wie der Kapitän eines sinkenden Schiffs, das alle zu verlassen versuchen. Also emotional am Boden ab in den Supermarkt, die Stimmung heben, dann bekanntlich macht Konsum ja glücklich... Es wurden im Abstand von ca. 5 Minuten immer nur 20 Leute reingelassen. Die meisten Körbe zum Überlaufen voll. Ich habe deutlich spüren und sehen können, wie die Einheimischen mir und anderen europäische Phänotypen aus dem Weg gingen oder uns strafend ansahen. Immerhin sind wir als Touristen diejenigen, die das Virus hier einschleppen könnten. Es war und ist ein scheixx Gefühl. Kaum auszudenken, wie das damals für die Juden oder die Schwarzen gewesen sein muss (oder leider heute noch ist). Um auch das kurz zu machen, ich will niemanden langweilen: Ich habe genug Lebensmittel für mindestens einen Monat, Gas zum Kochen für zwei Monate, Diesel für 1500km und viele Stunden Standheizung (der Winter kommt), Solarenergie und, wenn ich einen sauberen Bach finde, unbegrenzt Wasser. Ausserdem scheinen die Leute hier in Patagonien sehr ruhig zu sein, was mir heute nochmal bestätigt wurde. Die meisten Touris sind weg, die Saisonarbeiter sind bereits zu ihren Familien geflogen. Es bleiben also nur wenige Menschen in diesem Teil Patagoniens, es sollte also ansteckungsmäßig recht sicher sein. Aber was machen? Die Grenzen sind alle dicht, ich komme mit dem Auto also aus diesem Teil Chiles nicht mehr weg. Wie lange das so bleiben wird ist unklar, immerhin geht es hier ja erst los mit der Infektionswelle... Ich habe bisher vier erwägenswerte Optionen: Erstens: Abwarten und hoffen, dass in ein bis zwei Monaten die Grenzen zu Argentinien und Uruguay wieder öffnen. Dann ab nach Montevideo (je nach Lage mehr oder weniger entspannt) und den Wagen verschiffen und hinterherfliegen. Zweitens: Den Wagen hier in Punta Arenas einlagern und nach Deutschland fliegen. Später wiederkommen und den Wagen nachholen oder evtl. weiterreisen. Drittens: Den Wagen sofort von Punta Arenas verschiffen und den Rückflug nach Deutschland antreten, solange noch Flüge gehen. Viertens: Abwarten und bei Verschlechterung der Situation verschiffen und den Heimflug antreten. Leider haben alle Möglichkeiten ihre Schwächen und viele Fragezeichen... Ich weiß nicht, ob Abwarten angesichts der unklaren Lage eine Option sein sollte. Allerdings ist der Gedanke an stundenlanges Anstehen und Sitzen im Flughafen bzw. Flugzeug, mit hunderten Menschen auf engstem Raum, auch nicht gerade verlockend... Und wenn die Welt zu Ende gehen sollte, warum dann nicht gleich vom Ende der Welt zusehen, wenn man schon mal da ist. Es sei denn man wird vorher von den Einheimischen als letzter verbleibender Europäer gelyncht... #sabaticalfuckup Comments are closed.
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