Alles hat ein Ende...Nach einem verdienten Ruhetag aufgrund der körperlichen Qualen vom Surfen, ging es für mich weiter nach Todos Santos. Dieses Örtchen wurde mir mehrfach empfohlen. Hier leben viele KünstlerInnen aus den USA und Kanada, die sich hier Voll- oder Teilzeit niedergelassen haben. Die Mexikaner sind aus der Stadt leider fast verdrängt, dafür ist alles sehr sauber und aufgeräumt. Todos Santos ist nicht umsonst ein pueblo magico.
Eine schöne Attraktion ist die Brutstation für Schildkröten am Strand von Todos Santos. Hier arbeiten Freiwillige, um den Bestand der vom Aussterben bedrohten Meeresschildkröten zu schützen. Einer der Freiwilligen ist Tomas. Schon sein Vater hat hier geholfen. Tomas verbringt seine kompletten zwei Monate Ferien an der Station. Er fährt morgens zwischen 02 Uhr und 07 Uhr 40 Kilometer Strand ab und sucht nach frischen Gelegen, möglichst bevor sie von Wilderern geplündert werden. Die ausgebuddelten Eier bringt er in das Gewächshaus am Strand und vergräbt sie dann wieder. Hier sind die Gelege dann sicher und HelferInnen unterstützen die jungen Schildkröten beim Schlüpfen. Die im Verlaufe eines Tages frisch geschlüpften Schildkröten werden jeden Abend zum Sonnenuntergang in den Pazifik entlassen. Gegen eine kleine Spende kann man diesem besonderen Augenblick beiwohnen. Tomas beantwortet dabei alle Fragen. So habe ich z.B. erfahren, dass sie vor einigen Jahren noch bis zu 1000 Gelege am Strand hatten, 2023 waren es nur noch knapp 100. Das ist sehr schade, aber die Tortugueros sorgen mit ihrer Arbeit dafür, das fast 90% der Eier erfolgreich ausgebrütet und ins Meer entlassen werden. Eine der größten Bedrohungen für die Schildkröten ist übrigens der Plastikmüll. Der wird fälschlicherweise gefressen und die Tiere verenden qualvoll mit vollen Mägen. Umso wichtiger ist die Arbeit solcher Projekte und es stimmt mich zuversichtlich, dass v.a. junge Menschen wie Tomas unermüdlich und freiwillig helfen. Nachdem ich am folgenden Morgen im Café Docecuarenta das WLAN zum Rauchen gebracht habe, ging es schließlich wieder zurück nach LaPaz. Dort habe ich mich endlich mit Hester und Lawrence aus den Niederlanden treffen können. Die beiden sind ebenfalls in einem Troopy unterwegs und wir hatten uns Ende August bereits im Norden von Kanada, Dawson City, getroffen. Wir haben viel übers Reisen, Fotographieren und auch über Kaffee geredet. Leider müssen die beiden noch ein paar Projekte abarbeiten, sodass aus der eigentlich geplanten gemeinsamen Weiterreise nichts wird. In La Paz wollte ich eigentlich eine Tour buchen, bei der man mit Walhaien tauchen bzw. schwimmen kann. Ich habe das lange vor mir hergeschoben, da ich solchen Touren sehr kritisch gegenüber stehe. Nachdem ich einige Berichte von anderen Reisenden bzgl. des Ablaufs der Touren gehört hatte, habe ich mich schließlich dagegen entschieden. Die Touranbieter benötigen spezielleLizenzen, die diese Art von Touren in gewissen Grenzen halten sollen. Das mag funktionieren, sieht in der Realität trotzdem so aus, dass zahlreiche Tourboote hinter den Walhaien Schlange stehen und die Touris ein Stück mitschwimmen, wieder an Bord geholt werden und dann das nächste Boot an der Reihe ist. Nicht so ganz mein Verständnis von low impact... Für die letzten Tage bis zur großen Überfahrt auf das Festland habe ich mir Playa Tecolote als Domizil ausgesucht. Damit war ich nicht allein. Tecolote ist ein sehr beliebter Stellplatz bei Overlandern. Dementsprechend waren viele Fahrzeuge dort, u.a. viele Amerikaner. Die hatten natürlich auch alle mit Verbrennungsmotor betriebenen Spielzeuge und Generatoren (die Microwelle braucht ja Strom) mit. Am nervigsten war eine Gruppe in riesen ehemaligen Schulbussen, die jeden Abend zum Sonnenuntergang mit Gleitschirmen und Propellern auf dem Rücken über den Strand geflogen sind. Das möglichst tief und laut damit auch alle die Möglichkeit hatten, die amerikanischen Patrioten beim Ausleben ihres Freiheitsverständnisses zu bewundern. Idioten... Aber es waren auch normale Leute am Strand. So habe ich z.B. Vera und Josef wiedergetroffen und Amrit, Angela, Oliver, Paul, Andrea und Bradley kennengelernt In Tecolote habe ich schließlich drei Tage verbracht, bevor es auf die Fähre zum Festland ging. Viel Zeit zum Lesen und um sich Gedanken über den kommenden Abschnitt der Reise zu machen. Baja gilt als sehr sicheres Reisegebiet und auf dem Festland sollte man bestimmte Regionen meiden und die Augen und Ohren offen halten. Außerdem werde ich wahrscheinlich weniger Reisende treffen, da es viele verschiedene Routen Richtung Süden gibt (die meisten folgen der Küste). Um es kurz zu machen: ich habe etwas Schiss vor dem, was mich die nächsten vier Monate erwarten wird (mehr allein sein, weniger Campmöglichkeiten/aufwendigere Stellplatzsuche, gefühlt unsicherer, Sprachbarriere, ...). Ich bin aber auch im positiven Sinne sehr gespannt. Wir werden sehen... Wale, Strand und KaffeeDie Silvesternacht war der absolute Kracher. Nach gemeinsamem Abendessen hat kaum jemand länger als 23 Uhr durchgehalten. Kein Feuerwerk, kein Geknalle. Absolut perfekt!!!
Nachdem ich am folgenden Morgen meine Portraits gemacht und noch die letzten Kontakte ausgetauscht hatte, ging es zurück auf die Straße Richtung La Paz. Was ich leider verpassen sollte, war die Umgestaltung des LKWs von Marco und Natascha. Die beiden hatten Julian beauftragt ihren LKW mit einem Graffiti zu besprühen. Die Ergebnisse konnte ich (bisher) leider nur auf instagram bestaunen. Wer Lust hat sicj mal Julians andere Werke anzuschauen, der/die googelt wie folgt: "julian vogel art". Aufgrund eines späten Starts habe ich nicht in einem Ritt nach La Paz geschafft. Zwischen La Paz und Agua Verde ist aber auch echt nicht viel zu sehen. Es geht über zig Kilometer geradeaus durch relativ öde Landschaft. Der folgende Tag in La Paz war Haushaltstag: Einkauf, Tanken, Wasser. Gegen Mittag habe ich mich mit Wenke, Klaas und Mario getroffen. Wir hatten uns das letzte Mal im Zion NP kurz gesehen. Die Promenade in La Paz war extrem voll, es war der zweite Januar. Überfüllte Cafés und Restaurants, kaum Parkplätze, laute Musik und viel Lärm. Für mich leider kein Platz zum Bleiben. Also ging es zum Abend wieder raus aus der Stadt zu einem ruhigen Stellplatz, wo nur die Wellen und ein Vögel zu hören waren. Von dort aus bin ich Richtung Cabo Pulmo gestartet, wollte aber erst noch einen Stopp in den Bergen machen, ein kurzer Landachaftswechsel musste her. Nach zahlreichen unabhängigen Empfehlungen bin ich direkt die Rancho San Dionisio angefahren. Das ist eine Ökofarm, wo im Übernachtungspreis die Selbstbedienung im Garten mit enthalten ist: Jalapeños, Chili, Salate, Möhren, alle möglichen Kräuter, Orangen, Avocados, Limetten, Pampelmusen, Mangos. Alles umsonst mit dabei. Dazu extrem freundliche Gastgeber, jeden Morgen frischen Kaffee und frisch gebackene Cookies, eine große Gemeinschaftsküche, gefiltertes Wasser, heiße Duschen, Wanderwege und viele nette Reisende. Kurz gesagt: ein Platz zum Verweilen. Am zweiten Abend sind dort Daniel und Jess mit einem gemieteten VW T3 aufgeschlagen und nach kurzem Fahrzeugtalk ging es nur noch um Kaffee. Daniel hat in Ohio eine eigene Rösterei, ist also ein Experte auf dem Gebiet. Wir haben bis spät in die Nacht über Kaffeeanbau, Ernte, Zubereitung, Varianten, usw. usf. gesprochen und dabei frischen Pour Over getrunken. Für meinen Rückweg in die USA ist auf jeden Fall schon ein Besuch in seiner Rösterei eingeplant. Da freue ich mich schon riesig drauf. Die folgenden Tage bin ich von La Ribera aus über Cabo Pulmo nach San José/ San Lucas bis Todos Santos gefahren. Dabei ging es immer an der Küste entlang von Strand zu Strand. Leider bin ich nicht dazu gekommen in Cabo Pulmo zu schnorcheln (bzw. ich hatte keine Motivation aufbringen können, das allein zu tun (ein Nachteil des Alleinreisens)), aber ich habe noch nie so viele Wale beobachten können. Unglaublich. Bei fast jedem Blick aufs Wasser war eine Fontäne zu entdecken. Meinen Frühstückskaffee habe ich fast ausschließlich mit Fernglas in der Hand genossen. San José und San Lucas waren wieder nicht so meins, da alles auf amerikanisch/kanadischen Tourismus ausgelegt ist. Jahrmarktähnliche Marinas, Rolex-, Gucci-, Armani-Filialen und riesige Jachten. Muss man mögen... Für mich war entscheidend, dass ich in San Lucas endlich einen V60 kaufen konnte! Jedem das seine... In Los Cerritos habe ich mich wieder mit Klaas, Wenke und Mario getroffen. Für einen Tag habe ich mir sogar ein Surfboard geliehen. Das hat ein Menge Spaß gemacht, mir aber auch gezeigt, dass ich keine 20 mehr bin, dass auch ein Neo den Reisebauch nicht plattdrückt und dass Sonnencreme eine gute Erfindung ist. Der alte Mann und das Meer... Strände und OasenVon Ojos de Liebre ging es über endlos schnurgerade verlaufende Asphaltpiste nach Bahia Asunción am Pazifik. Nach Süden erstrecken sich dort kilometerlange Buchten. Der 'Sand' besteht zum größten Teil aus Muschelschalresten in allen Größen. Beachtlich, was da an Tonnen zusammenkommen muss. Auch beachtlich waren die zahlreichen toten Robben, die durch die Wellen an den Strand gespült und von den Koyoten als willkommene Mahlzeit genossen wurden. Am folgenden Tag bin ich gute 90 km auf Schotterpiste entlang des Pazifiks gefahren. Während der gesamten Strecke ist mir nur ein Fahrzeug begegnet. In Punto Abreojos wollte ich ein kleines Café besuchen, eine Pause war überfällig, aber die Öffnungszeiten waren etwas seltsam. Also Augen auf, wenn man ein Café, welches von einem Surfer geführt wird, besucht: Die Öffnungszeiten richten sich nach den Tiden...
Von Punto Abreojos sollte es wieder zurück zum Highway und von dort nach San Ignacío gehen. Leider bin ich, mal wieder, unterwegs auf die Idee gekommen eine Abkürzung zu nehmen. Nach zwei Tagen durch tiefen Sand, trockene Flussbetten, felsige Kletterpassagen und Notübernachtung neben der Piste, bin endlich in San Ignacio angekommen. Wäre ich die lange Strecke über den Highway gefahren, hätte das lediglich zwei Stunden gedauert. Soviel zu Abkürzungen. Die Zufahrt nach San Ignacío offenbart bereits, warum der von mir angesteuerte Campground 'paraiso' im Namen trägt. Der Ort liegt entlang eines Wasserlaufes und ist eine riesige Oase mit großen Palmen und, man halte sich fest, grünem Rasen. Für die Augen und das Gemüht eine willkommene Abwechslung. Auf dem Campground habe ich Noí und David wiedergetroffen und neue Reisende kennengelernt. Nach zwei Tagen Fahrpause bin ich Richtung Golf von Californien aufgebrochen. In Mulegé, einem kleinen sehr schönen Ort, hatte ich meinen Stellplatz für die Weihnachtstage erreicht. Das wusste ich zu dem Zeitpunkt nur noch nicht, denn ich habe Rebecca, Mariano, Chuck, Krista und Bernardo erst etwas später getroffen. Rebecca und Mariano reisen in einem selbstgebauten Anhänger und arbeiten fast Vollzeit von unterwegs. Chuck will mit seinem Hund CAM nich bis Argentinien und arbeitet ebenfalls on Tour. Augen auf bei der Berufswahl... Deren Gesellschaft war so nett, dass sie mich von einer Weiterfahrt nach Süden abgehalten hat. Wir haben also gemeinsam geangelt, am Feuer gesessen, erzählt, gekocht (Chuck ist ein Meister des Kochens über offenem Feuer), gelacht und gegessen, schöner hätte ich mir die Weihnachtstage auf dieser Reise nicht vorstellen können. Von Mulegé ging es weiter nach Loreto. Dort habe ich Noí, mal wieder, getroffen und spontan entschieden, eine Nacht zu bleiben. Nach laaaaangem Spaziergang am Strand, um Nasca auszupowern, haben wir uns die Bäuche in einem kleinen lokalen Restaurant gefüllt. Loreto ist einer der touristischeren Orte, mit Kreuzfahrtschiffen usw., aber trotzdem sehenswert. Von Loreto bin ich weiter in das Landesinnere nach San Javier gefahren. San Javier ist ein kleiner Ort, der zu den 'pueblos magicos' gehört. Diesen Titel haben viele ursprüngliche Orte mit historischem Hintergrund in Mexiko erhalten. Hier steht z.B. eine der ersten Missionen auf der Baja California. Von San Javier bin ich eine weitere Abkürzung zurück zum Highway gefahren, diesmal aber besser recherchiert. Auch die Tour hat fast zwei Tage in Anspruch genommen und führte wunderschön entlang von z.T. ausgetrockneten Flussläufen bzw. durch diese hindurch. Dort wo noch Wasser vorhanden war, standen wieder riesige Palmen. Wieder zurück auf dem Highway ging schon nach 400 m auf die nächste Piste Richtung Agua Verde. Dieser Stellplatz bzw. diese Bucht wurde mir mehrfach empfohlen. Unterwegs habe ich Kevin und Kathy getroffen und wir haben uns gemeinsam 200 Pesos abknüpfen lassen, obwohl das Übernachten vor Ort kostenfrei ist. Beim nächsten Mal also besser die Kommentare auf iOverlander lesen. Obwohl die Bucht von Dauercampern schon gut gefüllt war, habe ich mich entschieden zu bleiben. Das war, im Nachhinein betrachtet, auch gut so. Erstens war die Wahrscheinlichkeit einen ebenso schönen und ruhigen Stellplatz für den Jahreswechsel zu finden relativ gering und Zweitens war die Gesellschaft sehr angenehm. Im Moment stehen hier fast ausschließlich Deutsche und Amerikaner. Ich war schnorcheln und paddeln, habe mich gut über Fotografie unterhalten, mehr zum Thema Angeln gelernt (leider nichts gefangen), habe einen Blauhai aus nächster Nähe gesehen, eine Yogostunde am Strand gemacht und viele gute Gespräche gehabt. Heute Abend ist Silvester. Ich wünsche allen die dies lesen ein erlebnisreiches und gesundes neues Jahr! |
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Juni 2024
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