Gefangen am Ende der Welt...An der Grenze hat mir doch die Dame vom Zoll tatsächlich meine roten Linsen abgenommen. Nach 6 Monaten hatte ich endlich mal wieder welche bekommen und dann geht die Gute in meiner Lebensmittelkiste einkaufen. So kam mir das zumindest vor... Naja, freundlich war sie aber.
Von der Grenze ging es zur Fähre nach Feuerland, Tierra del Fuego. Landschaftlich kein Kracher. Alles flach und nur Gras und Zäune, also keine Abwechslung zur Ruta 40 oder Ruta 3. Auf dem Weg nach Porvenir, neue Lebensmittel mussten her, habe ich eine Nacht in Puerto Percy verbracht. Puerto Percy ist eine Geisterstadt, was dort mal gemacht wurde, es stehen einige große Silos herum, habe ich bisher noch nicht rausfinden können. Im Ort war sogar eine alte Schule mit Küche und Unterkünften. An einem Haus gab es noch eine bedachte Garage mit Feuerstelle und etwas Schutz vor dem Wind. Also Feuerholz gesammelt und ein Brot im Feuertopf gebacken. Die Nacht war spooky, weil ständig klapperte, Türen auf- und zuschlugen oder Bleche aufeinanderschlugen. Porvenir war nicht der Bringer. Allerdings habe ich schönes Café / Restaurant gefunden, Sabores del Fuego. Sehr schmackhaft, freundlich, gute Musik, warmer Kamin und hausgemachtes Brot. Frisch gestärkt ging es zurück zur Ruta 3 und Richtung argentinische Grenze. Nicht um die Grenze zu überqueren, sondern um nach einem Radfahrer Ausschau zu halten. Dabei ist mir nocheinmal Bernd mit seinem HZJ78 begegnet. Er hatte, wie ich später erfuhr, 10km später einen Getriebeschaden und musste an der Straße 2 Tage warten, bis er einen Abschleppwagen hatte. Kurz vor der Grenze stand er dann, in modischem Ganzkörpergrau, am Straßenrand. Nils O, ein ehemaliger Schüler von mir, der zwei Wochen zuvor in Ushuaia mit dem Fahrrad gestartet war. Anderthalb Tage, eine Königspinguinkolonie und eine Hütte mit Kamin später, sind wir wieder jeder unserer Wege. Am nächsten Tag war ich dann endlich in Ushuaia. Seit einigen Jahren schon geisterte dieser Name in meinen Plänen herum. Und jetzt, 21.125 km und 205 Tage nach Start Cartagena, war ich tatsächlich da! Und mit mir ein paar Kreuzfahrtschiffe und tausend andere Touristen. Grund genug nach kurzem Rundgang wieder zu flüchten. 6 km vor der Stadt gibt es einen schönen freien "Campingplatz" direkt am Fluss. Hier habe ich in der nächsten Woche noch mehrere Nächte verbracht. Kurz vor Sonnenuntergang sind dort auch noch Camille und Max aufgetaucht. Am nächsten Tag ging es zurück nach Ushuaia und aufgrund des Regens direkt in ein Café, Ramones Generales. Warm, trocken und gut gesättigt sind wir weiter zum Tierra del Fuego NP. Nach einem Chilltag bei endlich mal Sonnenschein und zweistelligen Temperaturen sind wir zum Cerro Guanaco aufgestiegen. Eine lohnende aber anstrengende Wanderung mit fantastischem Ausblick auf Ushuaia, den Beagle-Kanal und die Berge auf chilenischer Seite. Am nächsten Tag sind wir zeitig zurück nach Ushuaia und von dort auf die Ruta J, zum wirklichen Ende der Welt aufgebrochen. Die Ruta J endet nach knapp 90km entlang des Beagle-Kanals unspektakulär an einem Marineposten. Egal, es ist trotzdem der südlichste Punkt auf dieser Welt, den man mit dem eignen Auto anfahren kann. Von dort geht eine kurze aber schlammige Wanderung zu einem Leitlicht mehr oder weniger entlang am Strand. Camille und Max sind am nächsten Morgen wieder Richtung Norden aufgebrochen. Ich hoffey dass ich die beiden nochmal in Bolivien wiedertreffe. Ich habe noch knapp drei Tage auf der Ruta J verbracht. Ein Besuch der Estancia Haberton und des angeschlossenen marinen Museums wurde mir im Vorfeld mehrfach empfohlen. Das marine Museum kann mit dem Ozeaneum in Stralsund nicht mithalten (hahaha), ist aber trotzdem ganz nett. Interessant ist, dass die Ausstellung nur aus Skeletten (insgesamt 3000) besteht, die in der Umgebung gefunden wurden und gefunden werden. Aufgrund der Topographie des Meeresbodens kommen hier viele marine Säuger zum Jagen vorbei. Betrieben wird das Museum von freiwilligen Biologiestudenten, die die Skelette präparieren und die Führungen übernehmen. Wieder zurück in Ushuaia habe ich mehrere Tage versucht mein Geld von Western Union zu bekommen. Aber immer wieder: kein Geld vorrätig oder Fehler im System. Das nervt, ist aber auch interessant, wenn man 30min mit den Einheimischen in der Schlange steht und sein Geld bzw. Geld abholen möchte. Und wenn das Geld am Schalter plötzlich alle ist, dann muss man eben am nächsten Tag wiederkommen... Und wenn man Glück hat, grüßt nicht jeden Tag das Murmeltier.... Jetzt bin ich aber, nach 10 Tagen hier in der Gegend, endlich abfahrbereit. Bargeld und Haftpflichtversicherung: check! Eins noch: Fand ich mal ganz interessant. Ich habe noch einen Youtuber getroffen (Huub Vlogs). Er ist seit ein paar Jahren als Vollzeitreisender unterwegs in einem UAZ Buhanka. Es war sehr spannend sich mal mit ihm über Youtube und die Videomacherei zu unterhalten. Fazit: schxxx viel Arbeit für wenig finanzielle Vergütung. Er wirkte ziemlich frustriert und antriebslos. An jedem Ort muss er seine "Wie kann ich hier einen interessanten Clip draus machen" - Brille aufsetzen. Das beeinflusst, laut seinen Aussagen, das Reisen mitunter negativ. Wenn nichts spannendes passiert, kann man sich auch schlecht was aus den Fingern saugen. D.h. kein Video, keine Views, kein Geld. In meinen Augen, aus privilegierter Sicht natürlich, dauerhaft kein erstrebenswerter Reisestil. Also falls hier eine Schülerin oder ein Schüler mitliest: Vergesst Youtube, macht was ordentliches aus eurem Leben. Und damit meine ich nicht Insta-Influenzer... Comments are closed.
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Juni 2024
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