Villa O'Higgins: Ja oder Nein?!Viele Reisende, die ich auf dem Weg nach Süden auf der Carretera Austral traf, habe ich gefragt, ob es sich lohnt bis nach Villa O'Higgins zu fahren, dem offiziellen Ende der R7. Immerhin sind es weitere 300km Schotterpiste vom Abzweig nach Chile Chico oder 135km, sollte man bis Caleta Tortel durchgefahren sein, oneway versteht sich... Fast alle der Befragten antworteten mit "Nein, es lohnt sich nicht!". Trotzdem habe ich mich für die Weiterfahrt entschieden, wenn schon Carretera Austral, dann bitte bis zum Ende! Nach Caleta Tortel wollte ich sowieso und da erschienen die letzten 135km nicht mehr ganz so absurd. Caleta Tortel wurde mir mehrfach empfohlen und auch im Reiseführer angepriesen. Ich war enttäuscht, was durchaus am kalten Dauerregen gelegen haben mag. Tortel ist die sechstkleinste Gemeinde in Chile und kommt völlig ohne Autos aus. Die würden auch nicht viel nützen, da man sich im Ort nur auf Holzstegen bewegen kann.
Die Weiterfahrt nach Villa O'Higgins ging zügig, denn hier war die Schotterpiste im allerbesten Zustand! Landschaftlich ist die Route auch interessant, denn die Flora wird immer spärlicher und retardierter. Villa O'Higgins selbst ist ein kleiner, sauberer und gepflegter Ort. Ein paar Mercados, eine Panadería und eine Zapfsäule reichen für die Versorgung anscheinend aus. Als ich vor Ort war, waren kaum Einheimische zu sehen. In einem Café (Los Leones) fragte ich die Besitzer, was sie im langen, dunklen Winter machen. Die Antwort kam prompt: "We leave!" Der eigentliche Endpunkt der R7 befindet sich nochmal ca. 8km weiter südlich am Fähranleger am Lago O'Higgins. Die Zielschilder stehen wegen Bauarbeiten leider auf dem Bereich der Küstenwache und somit gibt es keinen typischen Selfie mit Auto, Schild und Fahrer. Schade. Nächstes Mal vielleicht... Auf dem Rückweg vom Ende habe ich an einem Stellplatz Christiane und Horst aus Deutschland getroffen. Die beiden sind Vollzeit mit einem HZJ75 unterwegs. Die kommenden drei Tage habeb wir dann gemeinsam verbracht. Es wurde gefachsimpelt, gekocht, gebacken, frisiert, gebadet, gewandert und viel erzählt. Etwa 50km nordöstlich befindet sich der Paso Río Mayer, ein Grenzübergang zwischen Chile und Argentinien. Das Besondere hier ist, dass es keine Straße oder Wege gibt, die die Grenzposten verbinden. Es gilt also den Río Carera und den Río Mayer mehrfach zu furten, um auf die andere Seite zu gelangen. 7km im Niemandsland, die einem ca. 700km Umweg ersparen. Bestaunt hatte ich die Querung schon mehrfach bei YouTube. Ein amerikanisches Team mit vier Fahrzeugen, bis an die Zähne ausgerüstet und in Zeitlupe, hat zwei Tage, bei günstigem Wasserstand, gebraucht (Expedition Overland, South America, S3E11). Was die Amis können, kann ich schon lange, sogar ohne Zeitlupe. Gedacht, getan... Christiane und Horst hatten angeboten mir bei der Begehung der ersten Wasserläufe zu helfen und im Notfall zur Bergung bereit zu stehen. Soweit musste es aber gar nicht kommen. Nachdem die Ausreiseformalien erledigt waren, ging es für 40m ins Auto und dann zu Fuß durch die ersten paar Furten. Das Wasser ging mir z.T. bis zum Schritt, starke Strömung, es waren keine Fahrspuren zu erkennen und die tieferen Furten waren noch einige Kilometer entfernt. Also Rückzug, ohne begonnen zu haben. Die Grenzer haben mich dann noch eine halbe Stunde in nassen Klamotten sitzen lassen, bevor sie mir meine Formulare wieder zurückgaben. Strafe muss sein, unnötiges Risiko nicht... Auf der Rückfahrt zur Fähre nach Puerto Yungay zeigte sich das Wetter nochmal von seiner guten Seite und machte die Fahrt nach Norden landschaftlich unterhaltend. Also zurück zur Frage, ob sich der lange Weg nach Villa O'Higgins lohnt. Meiner Meinung nach ja! Landschaftlich sehenswert, schöner verschlafener Ort, viele Wandertouren, Kayakvermietung, Bootstouren zum Gletscher, schöne Strecke zum Grenzposten und Lago Christie und, schließlich, das Ende der Carretera Austral! Comments are closed.
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Juni 2024
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