Long time...... no see! Seit der Rückkehr aus dem Manu hat sich einiges getan. Ich schreibe dies hier mittlerweile in Chile, kurz vor der bolivianischen Grenze. Aber der Reihe nach. Am Rückreisetag der Dschungeltour hat meine treue Kamera nach 5,5 Jahren ihren Geist aufgegeben. Alsobhabe ich versucht in Cusco eine neue zu bekommen. Vergeblich. Es blieb somit nur eine teure Reparatur für den halben Neupreis... Aber weiterfahren ohne Kamera kam nicht in Tüte! Ich 'musste' also weitere Tage in Cusco verbringen, obwohl ich mich schon auf die Weiterfahrt zu den Rainbowmountains und nach Arequipa gefreut hatte. Gut, es kann einen schlimmer erwischen, als in Cusco festzuhängen. Immerhin lässt sich hier eine Menge Geld versenken, wenn man nichts zu tun hat. Zumindest in den Ölwechsel und den Wechsel des Luftfilters habe ich sinnvoll investiert. Cusco - Juliaca - Puno - Tacne - chilenische Grenze Am Abend vor der Fertigstellung der Kamera trudelte eine Email des peruanischen Zolls ein. Ich möchte doch bitte bis zum 06.12. das Land verlassen... Nach kurzer Denkpause war das Problem klar: Ich habe ein 90 Tage Touristenvisum bekommen. Der temporäre Import des Autos beläuft sich aber nur auf 60 Tage. Da ich nicht damit gerechnet hätte so lange in Peru zu bleiben, habe ich damals an der Grenze den Import nicht verlängert. Naja, also blieben noch drei Tage um nach Chile zu fahren. Also allen Tschüss sagen, früh ins Bett und früh wieder raus, die wieder funktionierende Kamera einsacken, Lebensmittel aufstocken, tanken und dann ab auf die Straße. Über Juliaca, Puno und Tacne ging es dann zügig ohne Zwischenstopps zur Grenze. Auf dem Weg hat sich Peru, oder besser gesagt Juliaca, nochmal von seiner besten Seite präsentiert. Soviel Müll, Dreck, Staub und Hässlichkeit hatte ich bisher noch nicht erlebt. Das war selbst für peruanische Verhältnisse unter der Gürtellinie. Verschlimmert wurde die Situation noch durch die zig Reisebusse, die sich schwarz qualmend durch die Stadt schieben, um die geladenen Touristen zum Titikakka See zu fahren. Und mitten im Dreck die Kinder auf dem Weg zur Schule. Die haben können einem richtig leid tun. Aber man sich ja leider nicht aussuchen, wo Mutti einen in die Welt wirft... Zwischen Puno und Tacne bin ich einen kleinen Umweg über eine Schotterstrecke gefahren. Diese gut 70km waren wie aus dem Prospekt. Winzige Höfe mit tausenden Alpacas weit verstreut in der herrlichen Landschaft und freundliche Menschen. Die Nacht war mit -10 Grad und 4460m allerdings eine Herausforderung. Arica - Putre - Reserva Nacional las Vicuñas Das Grenzprozedere am folgenden Tag war ganz schön stressig. Keine genauen Anweisungen für die Reihenfolge des Ablaufs, keiner spricht englisch und keiner hat vom anderen Ahnung. Am Ende war aber auch das geschafft und ich war rechtzeitig in Chile. Erster Stopp war hier dann Arica, direkt hinter der Grenze und am Meer. Der Stellplatz war so lala. Relativ laut und viel Trubel. Machte den Anschein, als wenn ein Feiertag wäre. Was nach der Grenze sofort auffiel, war der fehlende Müll am Straßenrand. Die Menschen waren auf Fahrrädern unterwegs oder sind gejogged. Erstaunlich, wie sich hinter jeder Grenze ein völlig anderes Bild ergibt. Von Arica ging es am nächsten Morgen Richtung Putre bzw. Bolivien. Langsam aber sicher haben wir uns wieder 3000m hinauf geschraubt. Kurz vor dem ersten Stellplatz passierte es! Im Rückspiegel tauchten plötzlich Lichter auf. Bekannte Lichter, ein anderer HZJ78! Bernd aus Deutschland ist mit seinen 70 Jahren allein unterwegs und auf dem Weg nach Bolivien und dem Salar de Uyuni. Dort wollen wir uns wiedertreffen und mal in Ruhe schnacken. Ich habe nämlich eine andere Route geplant als er. Für mich ging es von Putre zur Laguna Chungará, vorbei an einigen Vulkanen. Von dort dann parallel zur Grenze nach Süden durch das Reserva Nacional las Vicuñas. Eine atemberaubende Strecke durch ein riesiges Hochplateau. Auf dem Weg viele Vicuñas, eine entspannende, wohltuende und reinigende Thermalquelle sowie schließlich mein erster Salzsee, der Salar de Surire. Tausende Flamingos, Pfeiffhasen und ein Bilderbuchsonnenuntergang machten die Strapazen der heutigen Fahrerei schnell vergessen. Ein traumhafter Platz! Und ganz in der Nähe soll eine weitere Thermalquelle sein. Aber die hebe ich mir für morgen auf... Heute ist morgen. Nach ausgedehntem Frühstück in der warmen Morgensonne bin ich lediglich zu den Thermalquellen 'Termas de Polloquere' gefahren. Dort habe ich Kevin aus Irland (mit dem Fahrrad unterwegs) getroffen, gelesen, Podcasts gehört, fotografiert und natürlich im heißen Wasser entspannt, also kurz gesagt den Tag intensivst vergammelt. Zum Abend habe ich einen Apfelauflauf alá Mälzer unter erschwerten Bedingungen erschaffen. Danach ging es mit vollem Bauch, pünktlich zum Sonnenuntergang, wieder ins heiße Bad, um das Farbspiel am Himmel zu bestaunen und die Windstille zu genießen. Immerhin war Sonntag! Termas de Polloquere - bolivianische Grenze - Salar de Coipasa - Vulkan Thunupa Es ist viel passiert. Aber bevor wir dazu kommen, kurz zu meiner aktuellen Position: Ich habe es geschafft, ich stehe mitten auf dem Salar de Uyuni. Es ist Vollmond und der Wind lässt keine Ruhe. Aber der Reihe nach. Nachdem ich am Montagmorgen im Wasser der Termas dem Sonnenaufgang gelauscht habe und nach der kalten Nacht langsam aufgetaut war, ging es weiter durch das Reserva las Vicuñas nach Süden. Die Landschaft einmalig. Das lässt sich schlecht beschreiben. Riesige weite Hochebenen eingerahmt von Vulkanen. Kurz vor dem Grenzübergang nach Pisiga, Bolivien, habe ich Kevin wiedergetroffen. Dafür, dass er auf dem Fahrrad unterwegs ist, hat er ganz schön Strecke gemacht. Die Grenzformalien waren diesmal relativ entspannt. Endlich wurde mir der Laufzettel am Anfang gegeben und erklärt. Leider hat auch Bolivien was gegen die Einführung pflanzlicher und tierischer Lebensmittel. Also bin ich meine Vorräte aus Arica wieder los geworden. Das Problem hier war nur, dass auf bolivinaischer Seite für über 100km keine Möglichkeit besteht nachzukaufen. Konnte mir egal sein, da ich meine einzigen in Bolivianos getauschten chilenischen Pesos an der Tanke in sage und schreibe 30 Liter Sprit umgesetzt hatte. Bolivien ist, was Diesel betrifft, das mit 1,16€ pro Liter mit Abstand teuerste Land. Die Einheimischen zahlen lediglich 43 Cent... Gut, dass ich aus Arica mit knapp 200 Litern gestartet bin. Ca. 40km hinter der Grenze bin ich nach Süden Richtung Salar de Coipasa abgebogen. Was folgte war eine abenteuerliche Strecke, die mich sehr an Bilder aus der Mongolei erinnert hat. Viele Fahrspuren in alle möglichen Richtungen. Man fährt also mehr nach Himmelsrichtung. Immer wieder lange Passagen mit sehr weichem Sand und viel Staub, ab und an eine Flussquerung. Die meisten Siedlungen auf der Strecke waren verlassen und die Häuser zerfallen. Hier und da konnte man aber doch eine lebende Seele entdecken, meist in Begleitung einer Alpakaherde. Nach 130km, mit meist nicht mehr als 30 bis 40km/h, durch diese völlig flache Landschaft mit weiten Blicken bis hinter den Horizont, endlich wieder etwas Asphalt. Ein kurzer Halt zur Stärkung am Krater eines Meteoriteneinschlages in Jayocota, danach weiter zum Vulkan Thunupa. Auf dem Weg wieder einige halbverwaiste Orte und endlich die ersten Blicke auf den Salar de Uyuni. Von Jirira aus bin ich einen extrem bescheidenen (ehemaligen) Fahrweg ein paar Höhenmeter an der Flanke des Vulkans emporgekrochen. Zum Glück fand sich nach einiger Zeit ein flache Stelle, auf der ich parken konnte. Von hier aus war der Blick auf den Salar absolut fantastisch. Zum Sonnenuntergang bin ich noch 'schnell' 600 Höhenmeter und 1,5h zu einem Aussichtspunkt am Kraterrand des Thunupa raufgestolpert. Nach fast 8 Tagen hinterm Steuer eine willkommene Abwechslung. Der Ausblick von dort oben war unglaublich. Selbst von einem Kilometer über dem Salar sind dessen entfernte Ufer nicht zu erkennen. Bis zum Horizont ist es einfach nur weiß oder gelb und dann rot, wenn man den Sonnenuntergang abwartet und im Dunkeln wieder zum Auto irrt. Salar de Uyuni Ja, und dann war endlich der große Tag. Donnerstag, der 11.12.2019. Nach einem fantastischem Sonnenaufgang ging es bei Tahua auf den Salar. Häufig sind die Ufer des Salars relativ weich und von Wasser bedeckt. Hier allerdings wurde eine feste Zufahrt auf den Salar angelegt. Trotzdem bin ich aus dem Auto raus, um erstmal zu Fuß einen Eindruck von der Beschaffenheit der Salzkruste zu bekommen. Sie war tatsächlich salzig, feucht, weich und es gab einige Wasserlachen. Ich bin dann also nochmal in mich gegangen, um zu entscheiden, ob ich diese Salzkur dem Laubfrosch wirklich antuen will... Positiver Entscheid! Beim Einsteigen ins Auto ertönte von Seelig: "... ich gab dir meine Liebe, gab dir Zeit, Geduld und Geld..." Passender ließen sich meine Zweifel ob der Befahrung nicht zum Ausdruck bringen... Erster Stopp war die von Tahua 30km entfernte Isla del Pescado. Dort habe ich eine längere Pause gemacht und das Ganze erstmal auf mich wirken lassen. Nach einiger Zeit kamen Anna und Olli aus Australien und Nico und ??? aus Frankreich dazu. Olli und Anna waren mit dem Fahrrad unterwegs, Nico und Freundin mit Motorädern. Nach den üblichen Gesprächen unter Reisenden (die geplante Route, die bisherige Route, Erfahrungen, Tipps, Erlebnisse, das vermisste heimische Essen, Ausrüstung, ...) bin ich weiter zur Cueva del Diablo, einer großen Höhle auf einer weiter südlich gelegenen Insel. Das war weniger spektakulär, da die Höhle nicht in die Tiefe geht. Die Stirnlampe hatte ich also vergeblich aufgesetzt. Danach bin ich einfach noch ein bisschen auf dem Salar hin und her gefahren, um einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Gar nicht so einfach bei verfügbaren 10582km²... Nach einigen Kilometern war ich mit dem "ganz allein inmitten des großen weiten weißen Nichts" - Feeling zufrieden. Nur zur Verdeutlichung die Distanzen zu den nächsten Orten in alle Himmelsrichtungen: N Tahua 43km, S Tanil Vinto 41km, O Colchani 85km, W Canquella 57km. Leider kam zum Abend der für den Salar übliche starke Westwind auf. Ich musste das Auto nochmal anders ausrichten, um wenigstens geschützt kochen zu können. Der Sonnenuntergang war Wahnsinn. Schatten bis zum Horizont und das weiße Salz geht alle Farben der untergehenden Sonne durch. Nachts tauchte der Vollmond dann alles in ein helles grau. Unglaublich wie hell der Mond sein kann... Guten Morgen, es ist Donnerstag, der 12.12.2019. Die Nacht war überraschend warm. Ich hatte Geschichten von bis zu minus 20 Grad Celsius gehört. Es war nichtmal Frost. Den Sonnenaufgang habe ich mir direkt aus dem Bett angeschaut, ich war zu faul zum Aufstehen. Die Sonne ist hinter einer schnurgeraden Horizontlinie langsam aufgetaucht. Keine Wolken, nichts, nur blauer Himmel. Einmalig. Heute soll es weiter nach Colchani und dann nach Uyuni gehen. Erster Stopp Geldautomat, mit umgerechnet 1,40€ kommt man auch in Bolivien nicht weit. Dann unbedingt zum Lavadero, das Salz abwaschen. Und dann hoffentlich noch Bernd treffen. Der Rest wird sich zeigen. Auch wenn ich noch mitten auf dem Salar bin, hier ein kleines Fazit: Es ist unbeschreiblich. Die Dimensionen sind unvorstellbar und v.a. nicht erfassbar. Man sieht nur weißen Horizont oder kleine in der Hitze schimmernde Umrisse von Inseln. Diese sind aber auch aus 40km Entfernung schon zu sehen und geben einem den Eindruck man sei nah dran. Dann fährt man aber eine halbe Stunde einfach sturr geradeaus ins Nichts bevor die Umrisse der Inseln schließlich größer werden und man Details ausmachen kann. In Richtung Colchani (85km) erstreckt sich weiße Salzkruste bis zum Horizont, kein Ufer in Sicht. Es ist erdrückend still! Wie der Titel des Albums der Manfred Mann's Earth Band: "The Roaring Silence". Die Stille schreit einen geradzu an. Wenn man die Klappe hält und die Stimmen im Kopf mal leise sind, ist nichts zu hören! Wirklich nichts, keine Vögel, keine Insekten, keine Flugzeuge. Ich habe regelmäßig Musik angemacht, weil das wirklich nicht lange auszuhalten ist. Komisch eigentlich... Weiter: überall ist Salz. Klingt logisch, ja ich weiß. Ich meine aber wirklich überall. An den Händen, im Bart, an den Klamotten, Schuhen. Meine Hände sind stellenweise aufgeplatzt und rissig geworden. Nach nur einem Tag... Es ist unerträglich gleißend weiß! Ohne Sonnenbrille geht gar nichts. Olli und Anna haben mir gestern erzählt, dass sie, aufgrund der Reflektionen, sogar an der Unterseite der Arme Sonnenbrand bekommen haben. Alles was nicht weiß ist, wird in kurzer Zeit 200 Grad heiß. Es gibt keinen Schatten, außer man bringt ihn sich in Form einer Markise oder eines Tarps selbst mit. Es gibt also weit und breit kein Entrinnen vor der brennenden Hitze! Also zusammengefasst eine einzigartige, die Sinne überfordernde Erfahrung in einer Umgebung, die die Existenz jeglichen Lebens verhindern möchte (was natürlich nicht klappt, denn die Natur ist ja nicht doof...). Ich hoffe man bekommt den Eindruck, dass es mir gefällt?! Die Entscheidung den Laubfrosch ins Salz zu entführen war die Richtige, auch wenn ich ihn jetzt schon rosten höre... Nachtrag zum Uyuni Auf dem Weg nach Colchina habe ich drei Canadier getroffen, die mit dem Fahrrad Richtung geographischen Mittelpunkt des Kontinents unterwegs sind. Begonnen haben sie ihre Toir IM Pazifik. Mit dem Fahrrad von Bord eines Bootes ins Wasser, ans Ufer geschwommen und ab dafür... Kurz vor Ende des Salars gab es noch ein Hotel aus Salzziegeln zu bewundern. Dazu kamen dann immer mehr Ausflugs-Landcruiser die die Tagestouristen auf den Salar karren. Ich fahr jetzt auf jeden Fall erstmal zur Autowäsche! Comments are closed.
|
Archiv
Juni 2024
|